Montag, 20. November 2006

sternkleinsternkleinsternklein

33: Berichte

Alena holt tief Luft. Sie hat so etwas geahnt, aber immer weit aus ihren Gedanken verdrängt. „Mach Dir keine Gedanken,“ versucht sie Kaspar zu beruhigen. „Das ist Routine. Sie werden nach den Angehörigen der lebenden und toten Mitglieder der Terroristen gesucht haben, weil ja auch einer von den Verwandten den Mord begangen haben könnte. Du stehst auf ihrer Liste. Das ist reine Routine.“ – „Hast Du etwa davon gewusst?“ Kaspars Stimme überschlägt sich fast. „Du lieber Himmel, nein. Das ist bloß gesunder Menschenverstand.“ Dann versucht sie es mit Ablenkung, außerdem platzt sie trotz der angespannten Situation fast vor Neugierde. „Was wollte er wissen?“ Für einen Moment herrscht Stille. Dann reißt Kaspar sich hörbar zusammen. „Natürlich, was ich Freitag Nacht getan habe. Wie Du Dir denken kannst, war ich zu hause und habe am Computer gesessen. Das ist ein wahnsinnig tolles Alibi.“ Alena ist froh, dass Kaspar seinen Sarkasmus wieder gefunden hat. „Dann hat er mich über mein Verhältnis zu meiner Mutter ausgefragt, das, wie du weißt, nichtexistent ist. Er wollte wissen, ob ich Schwarz kannte, was ich glücklicherweise verneinen konnte.“ Alena hört, wie Kaspar schluckt. „Leider ist er auch auf die vollkommen absurde Frage gekommen, ob ich die ehemaligen Mitstreiter von Marianne kannte. Ich habe erzählt, dass ich ihnen einen Brief ins Gefängnis geschrieben habe, weil ich damals etwas über meine Mutter erfahren wollte, und dass sie jeden Kontakt abgelehnt hatten. Ich dachte, der Eingang des Briefes könnte sich vielleicht noch zurückverfolgen lassen, darum habe ich an dieser Stelle die Wahrheit gesagt. Was das Treffen mit der Dahlem angeht,“ er zögert und Alena fängt an, nervös an ihren Locken zu drehen. „Das habe ich erst mal verschwiegen. Es wäre zu kompliziert geworden. Und ich dachte dann könnte es auch für Dich eng werden.“ Alena atmet erleichtert aus. Aber fast gleichzeitig drängelt sich ein anderer Gedanke nach vorn. „Mist, ich hoffe nur, sie befragen die Dahlem nicht noch einmal und erfahren dann, dass du dich mit ihr getroffen hast. Das wäre ziemlich kontraproduktiv.“ Beide schweigen einen Moment. „Allerdings hat die Kripo-Beamtin ja schon angedeutet, dass die Dahlem sich weigert überhaupt mit ihnen zu reden.“ Zögernd fragt Kaspar: „Arbeitet deine Polizistin mit diesem Riesel zusammen?“ Unsicher bringt Alena ein „Ja.“ heraus. „Wie heißt sie?“ Alena antwortet nicht. Ist es ein Problem, wenn Kaspar Pias Name erfährt? Was kann passieren? Es hätte vielleicht sogar etwas Positives, er wäre gewarnt und dementsprechend vorsichtig, würde er ihr jemals begegnen. „Also gut. Sie heißt Pia Stein-Bachmüller.“ – „Danke,“ flüstert Kaspar. Unbehaglich rutscht Alena auf dem Stuhl herum, auf den sie sich mittlerweile gesetzt hat. Aus einem Grund, den sich nicht begrifflich ausdrücken kann, war ihr wohler, als Kaspar den Namen ihres Kontaktes noch nicht kannte. Wird er sich selbständig an sie wenden? Unwahrscheinlich. Aber was würde passieren, wenn Pia erfährt, dass Alena und Kaspar sich kennen? Dass sie Kaspar ins Spiel gebracht hat, ohne Pia über die ungewöhnlichen Umstände zu informieren? Alena wird kalt. Das wäre das absolut Schlimmste, was passieren könnte. Sie weiß nicht, was konkret passiert, sie weiß nicht, wie Pia genau reagiert, aber sie weiß, dass es schrecklich wird.

„Er macht einen ziemlich seltsamen Eindruck,“ berichtet Riesel unterdessen Pia von seinem Besuch bei Kaspar. „Er wohnt allein in einer ziemlich heruntergekommen Wohnung, von der ich allerdings nur das Wohnzimmer und den Eingang gesehen habe. Auf meine Frage hin, was er beruflich macht, erklärte er, dass er Programmierer für die Altatec ist, eine der größeren Softwarefirmen hier in Altenburg.“ – „Ich weiß, was Altatec ist,“ unterbricht ihn Pia ungeduldig und Riesel vertieft sich in seine Notizen. „Freitag Abend war er jedenfalls allein zu hause. Angeblich kannte er Schwarz nur aus der Zeitung und auch von dem Todesfall hat er durch die Zeitung erfahren.“ Riesel sieht auf. „Er war etwas erstaunt, als ich sagte, dass Schwarz ermordet worden sei. Er hätte aufgrund der kleinen Anzeige gedacht, dass er eines natürlichen Todes gestorben sei. Aber das war vielleicht auch nur gespielt.“ Pia zuckt mit den Achseln und Riesel fährt fort: „Wagenbach hat zugegeben, dass er die Rolle kannte, die Schwarz bei der Beinahe-Verhaftung seiner Mutter spielte. Als ich ihn fragte, ob er Rachegedanken hegt, hat er gemeint, wieso, er hat sie ja nicht gekriegt.“ Pia grinst. „Wo er recht hat, hat er recht. Haben Sie auch etwas Substantielles herausgefunden?“ Nur Riesels Nasenspitze wird rot, langsam gewöhnt er sich an die Verbalangriffe Pias. „Er hat berichtet, dass er mal Briefe an Dahlem und Burg ins Gefängnis geschickt hat. Er wollte etwas über seine Mutter erfahren, die er nach eigenen Aussagen niemals wirklich kennen gelernt hatte. Damals hatten sich die beiden geweigert, mit ihm zu sprechen.“ – „Und heute? Hat er es nach der Entlassung wieder versucht,“ wirft Pia ein. Riesel schüttelt den Kopf. „Er erklärt, dass er keine weitere Kontaktaufnahme wollte. Er lebt jetzt sein eigenes Leben, meinte er, da würde die Vergangenheit nur stören. So in der Richtung hat er sich ausgedrückt.“ Pia seufzt. „Na gut. Das war ja ein überaus erfolgreicher Besuch. Aber immerhin haben Sie jetzt mal den Sohn einer echten Terroristin kennen gelernt.“ Bevor Riesel sich überlegt, ob er darauf antworten soll, klingelt erneut das Telefon. Pia stürzt sich auf den Hörer. Enttäuschung auf ihrem Gesicht. „Bennemann, von der Autobahnpolizei? Was wollen Sie denn von mir? Hier ist die Mordkommission, wir kümmern uns nicht die ausgesetzten Haustiere auf Ihren Rastplätzen .“ Der genervte Gesichtsausdruck weicht Anspannung. „Wo?“ Sie springt auf. „Wir sind schon unterwegs.“ Sie wirft den Hörer zurück auf die Gabel und läuft zu ihrem Trenchcoat. Auf dem Weg erinnert sie sich dass sie nicht allein arbeitet. Mit einem flüchtigen Blick auf Riesel erklärt sie kurz: „Ein Toter wurde auf dem Rastplatz Schönewald, ca. 30 km vor Altenburg, gefunden. Es scheint sich um Burg zu handeln. Er konnte identifiziert werden anhand der elektronischen Fahndungsfotos, die Frankfurt verschickt hat. Informieren Sie die Spurensicherung und beeilen Sie sich, sonst bin ich weg.“

das Projekt Krimi-Blog

AUS DEN CHAOTISCHEN WINDUNGEN EINES KRIMIVERSEUCHTEN HIRNS BOHRT SICH EIN WEITERER ROMAN AN DIE DIGITALE OBERFLÄCHE EINES BLOGS. WIE SCHON IM VORGÄNGER „ZAHLEN UND ZEICHEN“ SOLL DAS SCHREIBEN EINES KRIMINALROMANS MIT DER PRAXIS DES BLOGGENS VERBUNDEN WERDEN. DAS BEDEUTET, DASS DER PLOT IN DEN GRUNDZÜGEN FESTSTEHT, DER KRIMI JEDOCH NICHT BEREITS FIX UND FERTIG IN DER SCHUBLADE LIEGT, SONDERN SICH IM SCHREIBEN ENTWICKELT. WAS GESCHRIEBEN WIRD, WIRD KURZ DARAUF GEBLOGGT, IST DAMIT FAKTISCH, UND WIRD NUR IN AUSNAHMEFÄLLEN (SEHR PEINLICHE TIPPFEHLER) GEÄNDERT. ERGÄNZT WIRD DAS GANZE DURCH METATEXT UND LINKS. EUCH UND MIR ALSO VIEL SPAß BEI „SPUREN UND STERNE“.

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