111: der Fall löst sich

Sie setzt sich auf den letzen freien Stuhl und sieht von einem zur anderen. „Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass Krause in Rekordgeschwindigkeit alles gestanden hat. Er hat Schwarz und Burg getötet und zwar mit der gleichen Waffe, mit der er vorgestern auch auf Brigitte Dahlem geschossen hat.“ Pia wirft einen Blick auf Kaspar. „Sie haben eine Kettenreaktion mit den Briefen in Gang gesetzt. Schwarz war anscheinend nicht wenig beunruhigt, vielleicht hatte er aber auch Langeweile. Jedenfalls hat er alte Kontakte angezapft und angefangen zu ermitteln. Nicht nur, woher die Briefe kommen. Tatsächlich scheint er seine Meinung schon sehr früh gefasst zu haben, denn er hat sich anscheinend schon sehr früh auf die ehemaligen Mitglieder des RAF-Kommandos festgelegt. Möglicherweise hat er erfahren, dass Brigitte Dahlem in der Nähe wohnt und das hat ihn in seiner Mutmaßung bestätigt. Aber er hat in seinem Rundumschlag nicht nur Brigitte Dahlem gefunden, sondern auch Burg - und vor allem Robert Koch. Wir werden wohl nie wissen, wie er genau auf Koch gestoßen ist, aber er hat tatsächlich herausgefunden, dass Koch jetzt als Professor für BWL an der Uni Altenburg lehrt, unter dem Namen Roland Krause.“

Alena und Kaspar hängen atemlos an ihren Lippen und Pia kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Schwarz muss klar gewesen sein, dass Koch oder Krause nicht der Briefeschreiber gewesen sein konnte, da Koch nun wirklich kein Interesse daran haben konnte, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Aber Koch zu finden, musste so was wie ein verspäteter Höhepunkt seiner Karriere gewesen sein. Dämlich war nur, dass er die Kollegen nicht eingeschaltet hat.“ Sie macht eine Pause. „Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum er das nicht getan hat. Und ich vermute, der Grund liegt in der Beziehung, die Schwarz zu Ihrer Mutter hatte, Herr Wagenbach.“ Einen Moment lang ruht ihr Blick auf Kaspar, der unbeweglich bleibt. „Schwarz´ Dilemma war, dass er Koch gerne inhaftiert gesehen hätte, andererseits aber befürchten musste, dass Koch diese kleine Affäre nicht nur den Kollegen erzählt, sondern vor allem der Presse. Nun könnte man vermuten, die Geschichte ist lange her und interessiert niemanden mehr, aber wie man immer wieder sieht, ist die RAF auch 15 Jahre nach ihrer Auflösung noch eine Schlagzeile wert.“

Sie schlägt ein Bein über das andere. „Statt also die Kripo zu informieren, hat Schwarz Robert Koch selbst beschattet und ist dabei aufgeflogen. Koch hat ausgesagt, dass er Schwarz bald bemerkt hat, vor allem, weil er ihn wieder erkannte. Schwarz hatte ja damals die Flucht in die DDR für Marianne Wagenbach organisiert, in die Koch sich kurzfristig eingeklinkt hatte. Die Tatsache, dass der Beamte von damals sich auf seine Fersen heftete, hat Koch ziemlich nervös gemacht. Er wusste nichts von den Briefen und musste vermuten, dass Schwarz ihn entweder immer noch sucht oder durch Zufall auf ihn gestoßen ist. Dass Schwarz gerade in Altenburg gearbeitet hat, war Koch auch nicht bekannt. Er ist nach Altenburg gekommen, weil die renommierte Uni ihn gelockt hat. Und mit den Kontakten seines Vaters stand ihm auch dieser Weg offen.“

Pia macht eine Pause, aber fährt schnell fort, als sie das ungeduldige Gesicht Alenas sieht. „Irgendwann hat Koch die Nerven verloren, hat sich die Waffe genommen, die seit seiner Flucht in seinem Besitz war, und hat Schwarz einen Besuch abgestattet. Koch sagt, er hätte nicht vermutet, dass Schwarz mit seinem Wissen zur Kripo gegangen ist, da er in diesem Fall schon längst verhaftet worden wäre. Schwarz hat ihn über einen längeren Zeitraum allein beschattet, und außerdem hat Koch herausbekommen, dass Schwarz bereits pensioniert war. Und um zu verhindern, dass Schwarz sein Wissen doch verbreitet und Kochs neues Leben an dieser Stelle zu Ende ist, hat er ihn erschossen, hat die Aktenordner mit Schwarz´ Ermittlungsergebnissen mitgenommen und alles, was er sonst noch gefunden hat, was auf ihn oder die RAF deutete.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Da er von den Briefen nichts wusste, hat er danach auch nicht gesucht.“

„Und warum hat er Burg erschossen,“ fragt Alena mit kaum unterdrückter Neugierde.

das Projekt Krimi-Blog

AUS DEN CHAOTISCHEN WINDUNGEN EINES KRIMIVERSEUCHTEN HIRNS BOHRT SICH EIN WEITERER ROMAN AN DIE DIGITALE OBERFLÄCHE EINES BLOGS. WIE SCHON IM VORGÄNGER „ZAHLEN UND ZEICHEN“ SOLL DAS SCHREIBEN EINES KRIMINALROMANS MIT DER PRAXIS DES BLOGGENS VERBUNDEN WERDEN. DAS BEDEUTET, DASS DER PLOT IN DEN GRUNDZÜGEN FESTSTEHT, DER KRIMI JEDOCH NICHT BEREITS FIX UND FERTIG IN DER SCHUBLADE LIEGT, SONDERN SICH IM SCHREIBEN ENTWICKELT. WAS GESCHRIEBEN WIRD, WIRD KURZ DARAUF GEBLOGGT, IST DAMIT FAKTISCH, UND WIRD NUR IN AUSNAHMEFÄLLEN (SEHR PEINLICHE TIPPFEHLER) GEÄNDERT. ERGÄNZT WIRD DAS GANZE DURCH METATEXT UND LINKS. EUCH UND MIR ALSO VIEL SPAß BEI „SPUREN UND STERNE“.

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