65: das Foto
Sie reicht Alena das Foto und beobachtet gespannt ihre Reaktion. Alenas Augen fliegen über das Foto und weiten sich dann. Ohne Worte starrt sie einen Moment darauf, dann fragt sie zögernd: „Die Frau ist mit Sicherheit Marianne Wagenbach. Und der Mann ist nicht Hoffmann, Kaspar hat mir ein Bild von ihm gezeigt.“ Sie schaut Pia hilfesuchend an, aber Pia kann in Alenas Blick lesen, dass sie bereits weiß, um wen es sich handelt. Pia kann ein aufgeregtes Grinsen nicht verbergen. Endlich hat sie Gelegenheit mit jemandem über dieses verdammte Bild zu sprechen, das ihr die letzten Stunden im Kopf herumgespukt ist. Sie nickt, beinahe ausgelassen. „Otto Schwarz. Das ist der Hammer, oder?“ Alena macht den Eindruck, als wolle sie in das Foto hineinkriechen, so konzentriert untersucht sie es. „Ich kann das nicht glauben,“ murmelt sie. „Das ist wirklich keine Fälschung?“ Interessiert fragt Pia: „Was war Ihre erste Intuition, als Sie das Bild gesehen haben?“ Alena löst ihren Blick von der quadratischen Momentaufnahme aus der Vergangenheit. „Was ich als allererstes gedacht habe? Ob der Mann auf dem Foto vielleicht Kaspars Vater ist.“ Sie lacht verlegen. „Das ist Unsinn, und völlig aus der Luft gegriffen. Aber Sie haben gefragt.“ Pia lächelt. „Das ist gar nicht so dumm. Tatsächlich habe ich auch schon darüber nachgedacht.“ Sie erzählt Alena von ihren Vermutungen über die Herkunft des Fotos. „Wenn es nicht als Erpressungsversuch zugeschickt worden ist, könnte das Bild einen sentimentalen Wert für Schwarz gehabt haben. Mir reicht allerdings schon der offensichtliche Hinweis, dass die beiden ein Verhältnis hatten. Der Terroristenjäger und die Bombenlegerin. Wie romantisch.“ Pias Lächeln wird leicht zynisch. „Wenn mein Chef das erfahren würde, könnte ich sofort aufhören, den Mörder zu suchen. Vermutlich würde er dann die Meinung vertreten, dass Schwarz die Exekution doch verdient hat.“
Alena hebt die Augenbrauen, wie um zum Ausdruck zu bringen, dass sie diesen Gedanken doch recht pietätlos findet; dann zieht das Foto wieder ihre Aufmerksamkeit an. Pia lehnt sich zurück und betrachtet sie nachdenklich. Alenas Überraschung zeigt ihr, dass sie keine Ahnung von der Beziehung zwischen Schwarz und Wagenbach hatte. Das könnte daraufhin deuten, dass auch Kaspar nichts davon weiß. Vielleicht hat Kaspar ihr aber nur nichts davon erzählt. Um sich nicht ihn ihren Augen verdächtig zu machen? „Kann ich mit Ihnen über Kaspar Wagenbach reden oder reißen Sie mir sofort wieder den Kopf ab, wenn meine Vermutungen in die Richtung gehen, dass Kaspar involviert ist?“ Langsam schaut Alena hoch. „Für rationale Begründungen bin ich immer offen. Aber wenn Ihre Frage lautet, ob Kaspar von der Freundschaft zwischen seiner Mutter und Schwarz wusste, muss ich Ihnen leider sagen, dass ich keine Ahnung hatte. Er hat nie etwas davon erwähnt. Auch keine Andeutungen gemacht.“ Pias Fingerspitzen gleiten über das weiche Leder ihrer Handtasche. „Ziehen Sie in Erwägung, dass er es Ihnen gegenüber verschwiegen hat?“ Alena legt das Foto vorsichtig vor sich auf den Tisch und streicht mit beiden Händen die Locken aus dem Gesicht. Für einen Moment presst sie die Handballen auf ihre Augen. Dann schaut sie Pia an und hebt die Schultern. „Ich würde es nicht ausschließen. Und ich kann auch nicht leugnen, dass das Wissen um diese Beziehung ein Mordmotiv darstellt.“ Aber dann blitzen ihre Augen wieder mit neuer Energie. „Andererseits muss es aber auch nicht so sein. Sie haben ein ganz bestimmtes Bild von Kaspar. Sie sehen ihn als einen frustrierten Spinner, der irgendwie seine Mutter erreichen will und sei es dadurch, dass er ihr nacheifert. Aber Kaspar ist nicht gewalttätig. Ich kenne ihn schon lange. Er mag ein Exzentriker sein, aber er ist auch ein Theoretiker. Er liest und recherchiert im Internet. Er sammelt Wissen an und konstruiert sich dadurch eine Antwort auf seine Fragen. Aber ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass er auf eine so faktische Art und Weise aktiv wird. Darin sind wir uns ziemlich ähnlich. Wir mögen Planspiele lieber als die Wirklichkeit.“ Pia sieht sie lange an. Als ein Löffel laut auf den Boden klappert, wird ihr auf einmal wieder bewusst, dass sie mit Alena in diesem Restaurant sitzt. Nun dringen die Gesprächsfetzen zu ihr durch, die sie völlig ausgeblendet hatte. Auch Alena blinzelt kurz. Fast gleichzeitig beginnen beide zu gähnen. „Es war ein langer Tag. Ich muss ins Bett,“ murmelt Pia und winkt dem Kellner. „Hören Sie, Alena. Tun Sie mir einen Gefallen?“ Alena nickt gebannt. „Sprechen Sie das Thema bei Kaspar Wagenbach an, aber erwähnen Sie nicht das Foto. Versuchen Sie es auf eine andere Art, berichten Sie zum Beispiel über die Bemerkung der Dahlem, dass es besser für ihn wäre, wenn er nicht mehr über seine Mutter erfährt. Versuchen Sie herauszubekommen, was er darüber weiß oder denkt.“ Alena runzelt die Stirn. „Unter einer Bedingung,“ sagt sie. Pia zieht die Augenbrauen hoch und Alena fährt fort: „Wenn das alles vorbei ist, egal wie es ausgeht, müssen Sie Kaspar das Foto geben. Er hat ein Recht darauf. Und er hat nicht viele Bilder von seiner Mutter.“ Die letzte Bemerkung rührt Pia auf eine seltsame Art. Sie überspielt es mit einem Schulterzucken. „Abgemacht.“
Alena hebt die Augenbrauen, wie um zum Ausdruck zu bringen, dass sie diesen Gedanken doch recht pietätlos findet; dann zieht das Foto wieder ihre Aufmerksamkeit an. Pia lehnt sich zurück und betrachtet sie nachdenklich. Alenas Überraschung zeigt ihr, dass sie keine Ahnung von der Beziehung zwischen Schwarz und Wagenbach hatte. Das könnte daraufhin deuten, dass auch Kaspar nichts davon weiß. Vielleicht hat Kaspar ihr aber nur nichts davon erzählt. Um sich nicht ihn ihren Augen verdächtig zu machen? „Kann ich mit Ihnen über Kaspar Wagenbach reden oder reißen Sie mir sofort wieder den Kopf ab, wenn meine Vermutungen in die Richtung gehen, dass Kaspar involviert ist?“ Langsam schaut Alena hoch. „Für rationale Begründungen bin ich immer offen. Aber wenn Ihre Frage lautet, ob Kaspar von der Freundschaft zwischen seiner Mutter und Schwarz wusste, muss ich Ihnen leider sagen, dass ich keine Ahnung hatte. Er hat nie etwas davon erwähnt. Auch keine Andeutungen gemacht.“ Pias Fingerspitzen gleiten über das weiche Leder ihrer Handtasche. „Ziehen Sie in Erwägung, dass er es Ihnen gegenüber verschwiegen hat?“ Alena legt das Foto vorsichtig vor sich auf den Tisch und streicht mit beiden Händen die Locken aus dem Gesicht. Für einen Moment presst sie die Handballen auf ihre Augen. Dann schaut sie Pia an und hebt die Schultern. „Ich würde es nicht ausschließen. Und ich kann auch nicht leugnen, dass das Wissen um diese Beziehung ein Mordmotiv darstellt.“ Aber dann blitzen ihre Augen wieder mit neuer Energie. „Andererseits muss es aber auch nicht so sein. Sie haben ein ganz bestimmtes Bild von Kaspar. Sie sehen ihn als einen frustrierten Spinner, der irgendwie seine Mutter erreichen will und sei es dadurch, dass er ihr nacheifert. Aber Kaspar ist nicht gewalttätig. Ich kenne ihn schon lange. Er mag ein Exzentriker sein, aber er ist auch ein Theoretiker. Er liest und recherchiert im Internet. Er sammelt Wissen an und konstruiert sich dadurch eine Antwort auf seine Fragen. Aber ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass er auf eine so faktische Art und Weise aktiv wird. Darin sind wir uns ziemlich ähnlich. Wir mögen Planspiele lieber als die Wirklichkeit.“ Pia sieht sie lange an. Als ein Löffel laut auf den Boden klappert, wird ihr auf einmal wieder bewusst, dass sie mit Alena in diesem Restaurant sitzt. Nun dringen die Gesprächsfetzen zu ihr durch, die sie völlig ausgeblendet hatte. Auch Alena blinzelt kurz. Fast gleichzeitig beginnen beide zu gähnen. „Es war ein langer Tag. Ich muss ins Bett,“ murmelt Pia und winkt dem Kellner. „Hören Sie, Alena. Tun Sie mir einen Gefallen?“ Alena nickt gebannt. „Sprechen Sie das Thema bei Kaspar Wagenbach an, aber erwähnen Sie nicht das Foto. Versuchen Sie es auf eine andere Art, berichten Sie zum Beispiel über die Bemerkung der Dahlem, dass es besser für ihn wäre, wenn er nicht mehr über seine Mutter erfährt. Versuchen Sie herauszubekommen, was er darüber weiß oder denkt.“ Alena runzelt die Stirn. „Unter einer Bedingung,“ sagt sie. Pia zieht die Augenbrauen hoch und Alena fährt fort: „Wenn das alles vorbei ist, egal wie es ausgeht, müssen Sie Kaspar das Foto geben. Er hat ein Recht darauf. Und er hat nicht viele Bilder von seiner Mutter.“ Die letzte Bemerkung rührt Pia auf eine seltsame Art. Sie überspielt es mit einem Schulterzucken. „Abgemacht.“
Flannery Culp - 2. Feb, 20:36