26: Spurensuche
Pia sitzt im Büro und denkt nach, als Riesel von seinem Ausflug zurückkehrt. „Wagenbach war nicht zu hause,“ teilt er mit. „Die Nachbarn sagen, er sei ein sehr ruhiger Typ, verlässt kaum die Wohnung. Sie glauben, dass er beruflich irgendwas mit dem Computer macht, aber keiner weiß etwas genaues, da er nicht mit seinen Nachbarn redet.“ Er setzt sich und beginnt, seinen Bericht zu schreiben, während er Pia weiter informiert. „Er scheint allein zu wohnen, auf dem Klingelschild steht nur sein Name und die Nachbarn sind alle der Meinung, dass er keine Freundin hat.“ Er grinst. „Es ist die Hölle, in einem Mietshaus mit lauter alten Tanten zu wohnen.“ Er unterbricht sein Getipse auf der Tastatur. „Seine direkte Nachbarin hat wohl schon mal eine Braunhaarige vor seiner Tür gesehen, aber die kommt laut ihrer Aussage nur sehr selten, zu selten für eine feste Freundin.“ – „Versuchen Sie es einfach später noch mal“, erwidert Pia zerstreut. „Vielleicht ist er auf der Arbeit.“ Dann tippt sie mit einem Bleistift auf die Schreibtischunterlage. „Haben Sie schon mal die Verwandten von diesem Koch gesucht?“ Riesels Kopf schnellt in ihre Richtung. „Sicher. Sein Vater ist ein hohes Tier, Banker. Hermann Koch wohnt und arbeitet in Frankfurt. Nachdem Robert Koch aus der DDR verschwunden ist, hat man vermutet, dass sein Vater ihm geholfen hat, aber es ist ihm nie etwas nachgewiesen worden. Papa Koch ist von Schwarz´ Männern rund um die Uhr beschattet worden. Wenn da was gelaufen ist, dann wahrscheinlich über andere Kanäle, ohne dass Papa sich die Hände schmutzig gemacht hat.“ Pia zieht ihre Stirn in Denkerfalten. „Wer hat denn damals die Beschattungen durchgeführt? Gibt es irgendwelche Protokolle oder Berichte?“ Riesel zuckt mit den Schultern. „Bestimmt. Wenn Sie möchten, versuche ich die Teile zu bekommen.“ Zufrieden registriert er das Nicken von Pia und wendet sich wieder seinem Bildschirm zu.
„Wie haben Sie die anderen kennen gelernt? Burg, Koch und Wagenbach,“ mischt sich Alena ein. Sie hat keine Lust mehr, stumm neben den beiden im Cafe zu sitzen. Brigitte Dahlem wirft ihr einen kurzen Blick zu. Es ist offensichtlich, dass Alenas Anwesenheit ihr nicht passt, aber sie entschließt sich dennoch, auf die Frage zu antworten. „Hajo war Anfang der Siebziger Pfleger in Heidelberg. Er ist dort mit Huber in Kontakt gekommen, der das SPK gegründet hat.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Irgendwann kam er nach Frankfurt, hat mit irgendwem Kontakt aufgenommen und ist so zu uns gestoßen.“ Alena macht eine mentale Notiz, um Kaspar später nach der Abkürzung SPK zu fragen, aber Kaspar kommt ihr zuvor. „Er war Mitglied beim Sozialistischen Patientenkollektiv?“ Dahlem nickt desinteressiert. „Ja, er war in einem von diesen Arbeitskreisen. Zum inneren Kreis, zu den Führungskadern, hat er nicht gehört.“ Sie sieht Alena jetzt direkt in die Augen. „In dem Arbeitskreis hat er gelernt, mit Sprengstoff umzugehen. Das war ziemlich praktisch.“ Unbeeindruckt fragt Alena weiter: „Und was war mit Koch?“ Brigitte Dahlem trinkt einen Schluck Wasser. „Koch hat in Frankfurt gewohnt, sein Vater war ein echter Bonze, so ein Bankerschwein. Bob hatte die Schnauze voll von dem ganzen Materialistenscheiß und darum ist er zu uns gekommen. Er hatte viele Freunde in Frankfurt und ist immer wieder an Knete gekommen. Bevor sein Vater die Konten gesperrt hat, haben wir da ziemlich abgeräumt.“ – „Koch war also eine Art Geldkassette,“ bemerkt Alena und Brigitte Dahlem widerspricht nicht. Kaspar meldet sich. „Bestand der Plan, mit Kochs Kontakten ähnlich zu verfahren, wie mit Susanne Albrecht?“ Alena erinnert sich, dass Susanne Albrecht den Zugang zu Jürgen Ponto ermöglicht hatte, der mit ihren Eltern gut befreundet war. Der Chef der Dresdner Bank wurde im Frühjahr 1977 bei einem missglückten Entführungsversuch erschossen. Brigitte Dahlem fixiert Kaspar misstrauisch. „Wieso wollen Sie das wissen? Ist doch jetzt egal, oder?“ Kaspar zuckt mit den Schultern. „War nur so ein Gedanke. Liegt ja nahe, oder?“ Dahlem antwortet nicht. „Und schließlich Wagenbach,“ fragt Alena weiter und registriert bewundernd, dass Kaspar äußerlich völlig locker bleibt. Sie hat mittlerweile die Ahnung, dass er ihr Beisein bei diesem Gespräch nicht mehr ganz so lästig findet; für sie ist es sehr viel einfacher, Brigitte Dahlem auf seine Mutter anzusprechen. „Wagenbach war Hoffmanns Freundin,“ erklärt Brigitte Dahlem ausweichend. Sie sieht Kaspar nicht an und auch Kaspar konzentriert sich auf einen Tisch in ihrer Nähe. „Wo kamen Hoffmann und Wagenbach her,“ bohrt Alena unerschütterlich. Eine wegwerfende Handbewegung seitens Brigitte Dahlem. „Aus Berlin. Sie haben da in einer WG zusammen gewohnt.“ Nun heftet sie ihren Blick auf Kaspar. „Aber das wissen Sie doch wahrscheinlich genauso gut wie ich.“ Kaspar schüttelt leicht den Kopf. Sein Gesichtsausdruck ist unergründlich. „Ich habe keine Ahnung. Die ersten Jahre meines Lebens habe ich anscheinend in einem Kinderladen in Berlin verbracht und später bin ich in ein Heim gekommen. Wie sie ihre Zeit verbracht hat, bevor sie nach Frankfurt gegangen ist und zur RAF stieß, entzieht sich meiner Kenntnis.
„Wie haben Sie die anderen kennen gelernt? Burg, Koch und Wagenbach,“ mischt sich Alena ein. Sie hat keine Lust mehr, stumm neben den beiden im Cafe zu sitzen. Brigitte Dahlem wirft ihr einen kurzen Blick zu. Es ist offensichtlich, dass Alenas Anwesenheit ihr nicht passt, aber sie entschließt sich dennoch, auf die Frage zu antworten. „Hajo war Anfang der Siebziger Pfleger in Heidelberg. Er ist dort mit Huber in Kontakt gekommen, der das SPK gegründet hat.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Irgendwann kam er nach Frankfurt, hat mit irgendwem Kontakt aufgenommen und ist so zu uns gestoßen.“ Alena macht eine mentale Notiz, um Kaspar später nach der Abkürzung SPK zu fragen, aber Kaspar kommt ihr zuvor. „Er war Mitglied beim Sozialistischen Patientenkollektiv?“ Dahlem nickt desinteressiert. „Ja, er war in einem von diesen Arbeitskreisen. Zum inneren Kreis, zu den Führungskadern, hat er nicht gehört.“ Sie sieht Alena jetzt direkt in die Augen. „In dem Arbeitskreis hat er gelernt, mit Sprengstoff umzugehen. Das war ziemlich praktisch.“ Unbeeindruckt fragt Alena weiter: „Und was war mit Koch?“ Brigitte Dahlem trinkt einen Schluck Wasser. „Koch hat in Frankfurt gewohnt, sein Vater war ein echter Bonze, so ein Bankerschwein. Bob hatte die Schnauze voll von dem ganzen Materialistenscheiß und darum ist er zu uns gekommen. Er hatte viele Freunde in Frankfurt und ist immer wieder an Knete gekommen. Bevor sein Vater die Konten gesperrt hat, haben wir da ziemlich abgeräumt.“ – „Koch war also eine Art Geldkassette,“ bemerkt Alena und Brigitte Dahlem widerspricht nicht. Kaspar meldet sich. „Bestand der Plan, mit Kochs Kontakten ähnlich zu verfahren, wie mit Susanne Albrecht?“ Alena erinnert sich, dass Susanne Albrecht den Zugang zu Jürgen Ponto ermöglicht hatte, der mit ihren Eltern gut befreundet war. Der Chef der Dresdner Bank wurde im Frühjahr 1977 bei einem missglückten Entführungsversuch erschossen. Brigitte Dahlem fixiert Kaspar misstrauisch. „Wieso wollen Sie das wissen? Ist doch jetzt egal, oder?“ Kaspar zuckt mit den Schultern. „War nur so ein Gedanke. Liegt ja nahe, oder?“ Dahlem antwortet nicht. „Und schließlich Wagenbach,“ fragt Alena weiter und registriert bewundernd, dass Kaspar äußerlich völlig locker bleibt. Sie hat mittlerweile die Ahnung, dass er ihr Beisein bei diesem Gespräch nicht mehr ganz so lästig findet; für sie ist es sehr viel einfacher, Brigitte Dahlem auf seine Mutter anzusprechen. „Wagenbach war Hoffmanns Freundin,“ erklärt Brigitte Dahlem ausweichend. Sie sieht Kaspar nicht an und auch Kaspar konzentriert sich auf einen Tisch in ihrer Nähe. „Wo kamen Hoffmann und Wagenbach her,“ bohrt Alena unerschütterlich. Eine wegwerfende Handbewegung seitens Brigitte Dahlem. „Aus Berlin. Sie haben da in einer WG zusammen gewohnt.“ Nun heftet sie ihren Blick auf Kaspar. „Aber das wissen Sie doch wahrscheinlich genauso gut wie ich.“ Kaspar schüttelt leicht den Kopf. Sein Gesichtsausdruck ist unergründlich. „Ich habe keine Ahnung. Die ersten Jahre meines Lebens habe ich anscheinend in einem Kinderladen in Berlin verbracht und später bin ich in ein Heim gekommen. Wie sie ihre Zeit verbracht hat, bevor sie nach Frankfurt gegangen ist und zur RAF stieß, entzieht sich meiner Kenntnis.
Flannery Culp - 4. Nov, 17:09