Dienstag, 3. Oktober 2006

sternkleinsternkleinsternklein

Krimi im Blog: Teil 9

Zurück in der Dienststelle liegen die Briefe und Dokumente auf Pias Schreibtisch, die sie dem Schließfach entnommen haben. Der früheste der Briefe, die alle im Stil den bereits gefundenen ähneln, datiert vom 1. Oktober 2005. „Wenn wir davon ausgehen, dass die Drohungen im Oktober 2005 begonnen haben, was für Schlussfolgerungen können wir daraus ziehen“, fragt Pia in Richtung Riesel. Der schluckt kurz und meint dann: „Der Schreiber hat vielleicht erst im Oktober 2005 die Adresse oder den Aufenthaltsort von Schwarz herausbekommen.“ – „Oder er ist kurz vorher aus dem Gefängnis entlassen worden,“ ergänzt Pia. „Wenn es sich bei dem Schreiber tatsächlich um ein ehemaliges Mitglied der RAF handelt, könnte Schwarz bei seiner Inhaftierung eine größere Rolle gespielt haben. In diesem Fall ist es nicht unwahrscheinlich, dass er bis 2006 noch gesessen hat.“ Sie gibt Riesel den Packen Briefe. „Lesen Sie das Zeug genau durch, vor allem mit Blick darauf, ob in den Briefen irgendein Hinweis auf den Grund für die Drohungen zu finden ist.“ Sie nimmt sich die übrigen Blätter vor, hauptsächlich Notizen. „Es sieht aus, als ob Schwarz auf eigene Faust versucht hat, den Schreiber aufzuspüren. Der Poststempel auf den Umschlägen weist darauf hin, dass die Briefe in Waldmühl eingeworfen wurden, das ist nur 20km von Altenburg entfernt. Hier sind kurze Bemerkungen. Schwarz hat anscheinend das Online-Telefonbuch von Altmühl nach Namen durchsucht, ist aber nicht fündig geworden. Leider schreibt er nicht, nach welchen Namen er gesucht hat.“ Pia seufzt. „Was hat Schwarz dazu geschrieben,“ will Riesel wissen. Pia zieht mit spitzen Fingern ein Blatt aus dem Haufen. „Es ist eine Art Liste, wie Schwarz vorgegangen ist. Nr. 1 ist der Poststempel, wie gesagt, Altmühl. Nr. 2 lautet: Telefonbuch nach Namen durchsuchen. Internet. Dann ein Haken und der Vermerk: ergebnislos. Nicht sehr aussagekräftig.“ Pia massiert ihre Schläfen und nimmt sich dann wieder die Liste vor. „Daraufhin hat er die Telefonbücher aller Städte im 50 km – Umkreis von Altmühl durchsucht. Ein Haufen Arbeit, aber er hatte ja Zeit. Wieder kein Hinweis darauf, welchen oder welche Namen er gesucht hat. Der nächste Punkt ist die Kontaktaufnahme mit einem Harald. Vielleicht handelt es sich bei Harald um einen früheren Kollegen. Kennen Sie hier einen Harald?“ Riesel ruft die Telefonliste des Intranet auf und schüttelt nach kurzer Zeit den Kopf. „Hier arbeitet kein Harald.“ – „Dann ist es vielleicht ein Kollege aus einer Dienststelle, in der Schwarz früher beschäftigt war. Vielleicht einer der Kollegen, die mit ihm in der RAF-Sache zusammengearbeitet haben.“ Sie tippt mit einem Fingernagel auf das Blatt vor ihr. „Kein Vermerk bei diesem Punkt. Die Punkte danach sind nicht abgehakt. Vielleicht hatte Schwarz hier Erfolg und die Liste daher nicht weiterverfolgt.“ Sie sucht in den anderen Blättern und trommelt dabei ungeduldig mit ihren Nägeln auf der Schreibtischunterlage. Dann hört das Trommel abrupt auf. Riesel sieht zu ihr herüber. „Hier ist eine Liste mit Namen,“ sagt Pia langsam. Sie starrt auf das Blatt und beisst dabei auf ihre Lippen. Riesel beugt sich vor. „Was sind das für Namen? Hat Schwarz die Personen, die er verdächtigt, die Briefe zu schreiben, notiert?“ Pia bleibt bewegungslos. Dann steht sie auf. „Ich werde Oberdorf einen ersten Bericht erstatten und ihm gleichzeitig mal ein paar Fragen stellen.“

Oberdorf sonst so rotes Gesicht ist bleich. Er betrachtet die Briefe, die Pia ihm vorgelegt hat und sieht aus, als stände er kurz davor, sich zu übergeben. „Anscheinend hatte Schwarz einen ersten Verdacht, was die Identität des Schreibers angeht“, bemerkt Pia kühl und wirft Oberdorf die Liste mit Namen auf den Schreibtisch. „Worauf lassen wir uns hier ein, Chef? Die Personen auf diesem Blatt sind nicht gerade Taschendiebe. Sie gehören alle zur zweiten Generation.“

das Projekt Krimi-Blog

AUS DEN CHAOTISCHEN WINDUNGEN EINES KRIMIVERSEUCHTEN HIRNS BOHRT SICH EIN WEITERER ROMAN AN DIE DIGITALE OBERFLÄCHE EINES BLOGS. WIE SCHON IM VORGÄNGER „ZAHLEN UND ZEICHEN“ SOLL DAS SCHREIBEN EINES KRIMINALROMANS MIT DER PRAXIS DES BLOGGENS VERBUNDEN WERDEN. DAS BEDEUTET, DASS DER PLOT IN DEN GRUNDZÜGEN FESTSTEHT, DER KRIMI JEDOCH NICHT BEREITS FIX UND FERTIG IN DER SCHUBLADE LIEGT, SONDERN SICH IM SCHREIBEN ENTWICKELT. WAS GESCHRIEBEN WIRD, WIRD KURZ DARAUF GEBLOGGT, IST DAMIT FAKTISCH, UND WIRD NUR IN AUSNAHMEFÄLLEN (SEHR PEINLICHE TIPPFEHLER) GEÄNDERT. ERGÄNZT WIRD DAS GANZE DURCH METATEXT UND LINKS. EUCH UND MIR ALSO VIEL SPAß BEI „SPUREN UND STERNE“.

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